Allmählich erst scheint sich die Auffassung zu behaupten, dass die Moderne die Geschichte der Architektur nicht ablöste. Gab es vormals noch die konzeptualisierende Vorstellung von einer Opposition zwischen Moderne und Geschichte, so scheint doch mehr und mehr zur Gewissheit zu werden, dass die Moderne lediglich als eine Fortschreibung der Architekturgeschichte anzusehen ist. Es gibt im Betreff der Architektur von daher in gleicher Weise wohl kaum ein vernünftiges Argument, dass jenen Recht gäbe, die allein auf eine von der Geschichte abgehobene Moderne setzen, noch denen, die allein an das der Moderne historisch Vorausgegangene anknüpfen wollen: Die Moderne ist Geschichte. Und die Architektur – noch immer hätte sie ihre vorausgegangene Geschichte zu spiegeln, ihre ganze aber, ihre fortgesetzte Geschichte. Mit ihrem alleinigen und anfänglich radikalen Anspruch auf Zukunft scheint uns die Moderne aber bisweilen noch gegenwärtig in dem Glauben zu halten, auch wir könnten noch Teil dieser sich scheinbar weiter zerdehnenden Stunde Null eines vermeintlichen Neuanfangs sein. Im Inneren dieser Schleife existieren allerdings weder Weg noch Ziel, schon gar nicht das, einer immer erst noch einzulösenden Zukunft. Schon allein dieses Wort Zukunft lässt ein Unbehagen aufkommen und wir vermeiden seinen Gebrauch, wo immer wir können. Welche Zukunft wäre denn auch gemeint? Gibt es überhaupt eine Zukunft, falls wir dem Begriff noch eine kollektive Konnotation unterstellen wollten? Hat „die“ Architektur Zukunft? Irgendwann in der Vergangenheit scheinen die versprochene Zukunft und mit ihr „die“ Architektur verlorengegangen zu sein und haben statt ihrer eine ansteckende Verunsicherung zurückgelassen. Die Zukunft der Architektur ist ungewiss geworden...
Autor: Uwe Schröder
Titel: Die Moderne ist Geschichte
Sammelband/Zeitschrift: in: Claudia Kromrei (Hg.), Deutsche Werbund Ausstellung Venedig 2014
Band: Deutsche Ausgabe
Verlag: jovis Verlag
Ort: Berlin
Datum: 2014
Seite(n): S. 240-253
ISBN: 978-3-86859-283-2
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