Museum der Bayerischen Geschichte, Regensburg 2013
Von Zeit zu Zeit
Über den Vorrat an Geschichte und den Bestand an Häusern
Das Museum lagert Zeit als Geschichte ein, es legt einen Vorrat an Geschichten an und hält sie zur Verfügung. Insofern ist das Museum ein Speicher, ein Stadel oder Lagerhaus, und die dort eingelagerte Geschichte ist wie das Salz einem ständigen Wandel unterworfen, weil sich die Vorstellung von der Geschichte mit der Zeit ändert, sich damit die Geschichten wandeln und immerfort auch neue hinzukommen. Das was hier aufbewahrt werden soll, lässt sich nicht erhalten, ständig muss es aufs Neue vorgestellt werden.
Anders die Architektur. Sie kennt ihre Zeit, aber Wandel ist nicht ihr eigentliches Wesen. Die Architektur scheint darauf aus zu sein, Vergangenheit und Zukunft zusammenzuführen und –zuhalten, um die Zeit in gewisser Weise loszuwerden. Stets will sie standhalten und zum Bestand gehören, zu dem, den wir erhalten wollen. Das schlimmste, was man ihr nachsagen könnte ist, dass sie der Mode unterworfen sei.
Häuser der Geschichte
Über Maßstäblichkeit und Proportion der Stadt
So ist auch das Museum der Bayerischen Geschichte als Zeitstadel Grund genug, der Stadt Regensburg einen weiteren Uhrenturm hinzuzufügen. Das Messinstrument weist auf die Flüchtigkeit der eingelagerten Ware hin. Im Auf und Ab des giebelständigen Profils markiert der Turm den Eingang zum Museum auf der Flussseite und von der rückwärtig einmündenden ??gasse. Die große Arkade zur Donau ist zeichenhaft dem vorgelagerten Wochenmarkt gewidmet und räumlich der großen blauweißen Halle im Inneren vorgelagert. Die oberhalb der Galerie aufsteigenden gebundenen Giebelwände stellen ein großes Haus aus Häusern vor. Mit der Schauseite zur Donau fügt sich der Bau in den Prospekt der schönen Stadt ein. Grundriss und Parzellierung des Quartiers bestimmen die Dimensionen der Häuser, aus denen sich das formale und räumliche Gefüge des Museums zusammensetzt. In der Maßstäblichkeit der Stadt und den Proportionen der Häuser zeichnet der neue Block die alten Gassen im Inneren nach und nimmt bestehende Bauten auf.
Und so wird es das ideale Museum allemal nicht geben können – weder hier noch anderenorts, allenfalls virtuell, als Modell - nicht aber in der Wirklichkeit der Architektur: Schuld ist stets der Ort, die Stadt, Regensburg zum Glück.
Die Farben Blau und Weiß
Von der Mehrfarbigkeit des „inneren Eindrucks“ zur Einfarbigkeit des „äußeren Ausdrucks“
Die Raumschalen der inneren Außenräume der großen Halle, der Arkaden und Höfe sind ganz in Blau und Weiß gehalten. Die Wahl der Farben ist mit Bedacht getroffen: Zahlreiche Referenzen und Reminiszenzen führen bis in eine frühe Kulturgeschichte Bayerns zurück, Blau und Weiß sind im „kollektiven Gedächtnis“ fest verankert. In der großen Halle nimmt das Blau nach oben zum einfallenden Licht hin ab, während das Weiß kontinuierlich zunimmt.
Die äußeren Wände des Baus sind dagegen vollständig monochrom gehalten – der weiße Backstein verallgemeinert die äußere Gestalt des Hauses in der Stadt und bindet die innere Differenz der Farbigkeit ein. Im Inneren aber tritt der Backstein in einer satten Farbigkeit von Blau bis Weiß auf. Er bekennt Farbe, zeigt eigene Freiheit, die er zugleich aber haus- und stadtschonend in die Allgemeinheit des Inneren und des Äußeren zurückführt.
„Es spreche das Material für sich und trete auf, ...Backstein erscheine als Backstein, ...“.
Was der Ziegel kann oder über die Union von Material und Farbe
Der Backstein baut das Haus – im Äußeren: weiß. Die weiße Engobe des Wasserstrichziegels über dem Braun der erdgebundenen Scherben fällt hier deckend aus, dort opak und manche Stellen lässt der dünnflüssige Tonschlicker gänzlich aus. Und das Fugeisen, das die weißen Kanten mitunter verletzt, beschädigt oder auch bricht, lässt das tiefe Braun hervorkommen.
Der Backstein errichtet Räume – im Inneren: in Blau und Weiß. Durch den Brennvorgang sind die farbigen Engoben mit dem Ton zu harten Steinen verschmolzen. So muss das Himmelblau nicht als nachträglich aufgesetzte „Maske“ erscheinen und tritt auf als Material. Und die Wände, Böden, Decken und Dächer bleiben als Gewand der Räume „der Stickerei des buntgewirkten Teppichs eingedenk“.
Projekt: Museum der Bayerischen Geschichte
Anmerkung/en: [Wettbewerb: Entwurf, Modell]
Ort: Regensburg
Jahr: 2013 - 2013